OeME-Migrationsarbeit - ein Handbuch für Kirchgemeinden

4.1 Was heisst Migration? Die Schweiz als Aus- und Einwanderungsland Migration heisst Aus- beziehungsweise Einwanderung (oder einfach Wanderung) von Menschen. Migration ist ein zutiefst menschliches Verhalten und kam zu allen Zeiten aus unterschiedlichen Gründen auf der Welt vor. Migrationsströme verändern sich in Richtung und Zu- sammensetzung je nach ökonomischen, politischen, sozialen oder auch klimatischen Bedingungen. Dabei können Regionen respektive Länder von Aus- zu Ein- wanderungsgebieten werden und umgekehrt. So zum Beispiel die Schweiz: Vom 14. Jahrhundert an verdingten sich bis ins 19. Jahrhundert hinein Schweizer Söldner als «Saisoniers des Krieges» in fremden Diensten in Europa. Arme Schweizer und Schweizerinnen unter anderem aus dem Kanton Bern emigrierten bis Ende des 19. Jahrhun- derts in die USA oder nach Lateinamerika. Erst als 1888 bis 1900 mit dem Aufschwung der Schweizer Wirtschaft auch der Arbeitskräftebedarf stieg, wendete sich der Trend zugunsten der Einwanderung. Multikulturelle Gesellschaft Nach dem Zweiten Weltkrieg waren in der Schweiz die ersten grossen Einwanderungsgruppen Arbeitssuchende (sog. «Gastarbeiter»-Kontingente vor allem aus Italien und Ex-Jugoslawien). Daraufhin folgten Asylsuchende (aus Osteuropa, Sri Lanka, Ex-Jugoslawien, Afrika und Asien), die vor Krieg oder anderen Missständen aus ihren Heimatländern flohen. Migrantinnen und Migranten haben später ihre Familien zu sich in die Schweiz geholt. Andere lernten in der neuen Heimat ihre Partnerin oder ihren Partner kennen; ihre Kinder und teils auch schon Enkelkinder wurden in der Schweiz geboren und sind hier fest verwurzelt. Heute arbeiten auch hochqualifizierte Ausländerinnen und Ausländer aus der Europäischen Union und der ganzen Welt in der Schweiz. So leben wir in einer bunt gemischten Gesellschaft, in der Menschen mit unterschiedlichsten Lebensgeschichten, Einstellun- gen und Verhaltensweisen aufeinandertreffen. Emotionale Debatten In den letzten Jahrzehnten wurde die Asyl- und Auslän- derpolitik mehr und mehr zu einer emotional geführten gesellschaftlichen Debatte, in der es nicht immer einfach ist, sich zu orientieren. Zuwanderung stellt Rückfragen an die Identität der Aufnahmegesellschaft. Rechtspopu- listische Kreise machen sich dies zunutze und führen gesellschaftliche Probleme kurzschlüssig, aber oft erfolg- reich auf «die Ausländer» zurück. Bei einer solchen Art des Politisierens bleibt eines auf der Strecke: die Suche nach tragfähigen alltagstauglichen Lösungen – und letzt- lich auch ein Handeln, das sich an christlicher Ethik und an Grund- und Menschenrechten orientiert. Friedliches Zusammenleben als Ziel Ziel ist, dass die Gesellschaft in aller Vielfalt zu einem Ganzen wird und nicht durch nationale, kulturelle, religiö- se, soziale, politische oder sprachliche Gräben gespal- ten ist. Im Sinne dieser Zielsetzung nehmen sich Bund, Kantone sowie politische Gemeinden heute vielerorts diverser Aufgabe an. Aber auch die Kirchen und ihre Kirchgemeinden sind aufgefordert, Verantwortung für ein friedliches Zusammenleben von Einheimischen und Zu- gewanderten zu übernehmen. «Auch die Kirchen und ihre Kirchgemeinden sind aufgefordert, Verantwortung für ein friedliches Zusammenleben von Einheimischen und Zugewanderten zu übernehmen.» 41 0 4 | WA S H E I S S T M I G R AT I O N ?

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