OeME-Migrationsarbeit - ein Handbuch für Kirchgemeinden

12 Siehe Seite 49 unter « Publikationen » . 4.3.2 Migrationskirchen Viele Migrantinnen und Migranten in der Schweiz sind christlichen Glaubens und treffen sich in Migrationskirchen. Dort feiern sie mit anderen Gläubigen gleicher Herkunft in ihrer Muttersprache und Tradition Gottesdienst und finden menschliche Nähe, spirituelle Nahrung, seelsorgerliche Be- gleitung und praktische Hilfe für den oft schwierigen Alltag in der Schweiz. Migrationskirchen sind Teil der aktuellen gesellschaftlichen und kirchlichen Realität: Schweizweit gibt es über 300 Migrationskirchen, davon über 60 im Ge- biet der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn. Migrationskirchen und reformierte Kirchgemeinden Migrationskirchen sind für die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn und ihre Kirchgemeinden ökume- nische Partner. Manche Kirchgemeinden haben bereits Kontakt mit Migrationskirchen. Sie haben sich eingelassen auf den Dialog und das Miteinander mit Christinnen und Christen mit Migrationshintergrund. Die Mitglieder dieser Kirchgemeinden lernen andere Glaubensformen kennen, sie erleben Gottesdienste mit anderen Liedern und anderen Predigten. Sie begegnen anderen Frömmigkeitsarten, ler- nen neue Zugänge zu biblischen Geschichten kennen und stellen fest, dass sich daraus neue Impulse für das spirituel- le Leben der eigenen Kirchgemeinde ergeben können. Chancen und Herausforderungen Vieles am Kontakt zwischen Migrationskirchen und re- formierten Kirchgemeinden ist herausfordernd – für beide Seiten. Trotzdem braucht es Schritte auf dem Weg vom Nebeneinander zum Miteinander, ein blosses Neben- einander ist nicht christlich. Es ist unsere ökumenische Aufgabe, zusammen Kirche zu sein und den Austausch untereinander Wirklichkeit werden zu lassen. Die Fach- stelle Migration unterstützt Kirchgemeinden und Migra- tionskirchen dabei – durch Beratung, Information, Ver- netzung und durch finanzielle Beiträge aus dem Fonds «Migrationskirchen und Integration». 12 Was ist eine Migrationskirche überhaupt? Migrationskirchen zeichnen sich durch folgende Eigenschaften aus: • Ihre Mitglieder haben einen Migrationsbezug – durch die eigene Migration in die Schweiz oder weil ihre Eltern in die Schweiz eingewandert sind. • Viele Migrationskirchen wurden in der Schweiz neu gegründet und haben meist keine Verbin- dung zu einer Mutterkirche im Ursprungsland. Die neu gegründeten Kirchen entstehen durch Eigeninitiative von Gründungspersonen und sind unabhängig, sowohl was ihre Theologie als auch was ihre Organisationsstruktur anbelangt. • Die Mitglieder pflegen eine «fliessende» konfes- sionelle Identität . Ob jemand reformiert, baptis- tisch, katholisch oder pfingstlich ist, spielt in der neuen Heimat oft nur noch eine untergeordnete Rolle. Wichtig sind stattdessen die gemeinsame Sprache und kulturelle Gemeinsamkeiten sowie geteilte Lebensrealitäten. • Das Einzugsgebiet einer Migrationskirche ist grösser als das einer reformierten Kirchgemeinde. Ihre Mitglieder reisen von verschiedenen Orten an, um gemeinsam Gottesdienst zu feiern und Gemeinschaft zu pflegen. • Migrationskirchen besitzen meist keine eigenen Kirchenräume . Da viele Mitglieder von Migra- tionskirchen in prekären Arbeits- und sozialen Verhältnissen leben, sind Investitionen in Gebäude nicht möglich. Kirchen- und Gemeinschaftsräume werden von Privaten oder von anderen Kirchen – reformierten Kirchgemeinden oder Freikirchen – gemietet, kostengünstig oder auch einmal gratis zur Verfügung gestellt. • Die Suche nach Räumlichkeiten ist für viele Mi- grationskirchen sehr schwierig. Dass verschiedene Migrationskirchen dann an die Kirchentüren ihrer reformierten Glaubensgeschwister anklopfen, ist nachvollziehbar und bietet die Chance, sich gegen- seitig besser kennen zu lernen. «Denn wie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl es viele sind, einen Leib bilden, so auch Christus. 1 Kor 12, 12 48 0 4 | M I G R AT I O N S K I R C H E N

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