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Dossier —– ENSEMBLE 2016/10

brechen, die Beziehungen oder die eigene Lebens-

planung betreffen. Andere wiederum suchen in

den Bergen Ablenkung, Distanz und neue Orien-

tierung und besuchen deshalb gerne Kapellen oder

Kirchen am Weg. «Wir möchten mit unseren An-

geboten auch solche Personen ansprechen und

ihnen ein Stück seelsorgerliche Begleitung anbie-

ten», erzählt Beat Abegglen. «Ab und zu erhalten

wir Rückmeldungen von Personen, die sich gerade

in Zeiten persönlicher Krisen besonders ange­

sprochen fühlten und uns danken.» Die Bandbreite

der Gäste ist ebenso gross wie diejenige der Ange-

bote. «Es geht vom einfachen Camping-Gottes-

dienst mit bescheidenen Velocampern bis zu Up-

per-Class-Hochzeitsfeiern in Zermatt oder Verbier

mit eingeflogener Hochzeitsgesellschaft, eigener

Musik und grossartigem Catering», so Beat Abegg-

len. Dabei haben die Kirchgemeinden kaum Be-

rührungsängste, da viele Gemeindemitglieder

selbst durch den Tourismus ins Wallis gekommen

sind oder in der Tourismusbranche arbeiten.

«Als käme Gott selbst zu Besuch»

Und das ist gut so: Denn auch Gastfreundschaft

an sich ist zutiefst christlich. «Die Bibel misst die

Gesundheit einer Gesellschaft an der Qualität ihrer

Gastfreundschaft», erklärt Thomas Schweizer. «In

der christlichen Gastfreundschaft geht es darum,

dem unbekannten Mitmenschen in der Würde zu

begegnen, als käme Gott selbst zu Besuch.» Durch

die Gastfreundschaft erhalten diese Menschen die

Möglichkeit, Kraft, Energie und neuen Mut zu

schöpfen für ein verantwortliches Dasein am

Arbeitsplatz oder zu Hause. Und die Gastfreund-

schaft sollte im christlichen Verständnis partner-

schaftlich erfolgen – ganz im Gegensatz zum

heute geltenden Credo in der Gastronomie: «Der

Gast ist König». Denn dadurch würde sich der Gast-

geber willenlos den Launen seines Gastes ausset-

zen. Thomas Schweizer: «Sich zu orientieren an

der partnerschaftlichen Gastfreundschaftsvor­

stellung Jesu befreit aus dem royalen Inszenie-

rungszwang und macht Gästebegleitung zu einer

schlichten, heilsamen, diakonischen Handlung.»

«Die Kirchgemeinden sind Gastgeberinnen

und sorgen dafür, dass sich ihre Gäste willkommen

fühlen.» Dies schreibt auch der Synodalrat der

Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn in

seinem Standpunkt zu gastfreundlichen Kirchen-

räumen. Dies aufgrund der Erkenntnis, dass Kir-

chenräume zunehmend für den Rückzug aus dem

Alltag besucht und als Erfahrungsräume für die

eigene Religiosität genutzt werden. Für eine gast-

freundliche Gestaltung der Kirchenräume schla-

gen die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn

verschiedene Massnahmen vor, die einfach umzu-

setzen sind. Dies kann ein schön gebundenes

Gästebuch sein, in dem die Gäste mit Grussworten

ihre Präsenz bezeugen können, damit aber auch

in einen stillen Dialog untereinander treten. Aber

auch das Auflegen von Texten gehört dazu, die

zum Verweilen, Vertiefen und Beten einladen. Die

praktischen Tipps für Kirchgemeinden sind auf

refbejuso.ch

abrufbar.

In den Ferien

können im Alltag

unterdrückte Fra-

gen aufbrechen.

Des questions

réprimées par le

quotidien peuvent

surgir durant

les vacances.