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Dossier —– ENSEMBLE 2017/15

Die Arbeitswelt verändert sich rasant.

Deshalb lohnt sich ein Blick in die Bibel und

auf die Zeit der Reformation. Die Bibel hat

zum Thema Arbeit Grundlegendes zu sagen,

und die Reformation machte den Alltag

zum «weltlichen Gottesdienst».

Von Matthias Zeindler*

Meine Eltern haben ein Arbeitsmodell gelebt, wie

es lange Zeit als normal galt: Mein Vater war ein

Leben lang vollzeitig erwerbstätig, während mei-

ne Mutter Familie, Haus und Garten betreute. Ab

einem gewissen Alter von uns Kindern ging sie

ein bis zwei Tage die Woche einer bezahlten Arbeit

nach. Meine Arbeitsbiografie sieht anders aus:

langes Studium, Auslandaufenthalte, wechselnde

Teilzeitstellen, Jobsharing mit meiner Frau, geteil-

te Verantwortung für Kinder und Haushalt. Bei

unseren Kindern könnte es nochmals anders aus-

sehen. Wie wird ihre Arbeitswelt aussehen? Gibt

es noch feste Arbeitsplätze, geregelte Arbeitszei-

ten, langfristige Arbeitsverträge? Frühere Gewiss-

heiten sind ungewiss geworden. Manches, was

einmal selbstverständlich war, ist es heute nicht

mehr. Auf der Suche nach neuen Perspektiven

lohnt sich ein Blick in die Bibel und auf die Zeit

der Reformation.

Ruhe vor Arbeit in der Bibel

Fragt man danach, was die Bibel zum Thema Ar-

beit sagt, wird man bereits ganz am Anfang fün-

dig. Jedes der drei ersten Kapitel der Bibel sagt

Grundlegendes dazu. Genesis 1 schildert die Er-

schaffung der Welt in sechs Tagen. Am siebten Tag

aber ruht Gott von der Arbeit. Dieser Ruhetag ist

der eigentliche Höhepunkt des Schöpfungswerks,

sein Ziel. Mit dem Ruhen Gottes am Ende der

Schöpfung wird später auch die Sabbatruhe be-

gründet, die allen Menschen in Israel, ja selbst

dem Vieh, gewährt werden soll. Auch die Mitte

des menschlichen Lebens ist der Ruhetag, an dem

der Mensch sich des Lebens einfach freut und sei-

nem Gott dafür dankt.

Genesis 2 widmet sich ausführlich dem Auftrag

des Menschen im Ganzen der Schöpfung. Darüber

heisst es: «Und der Herr, Gott, nahm den Menschen

und setzte ihn in den Garten Eden, damit er ihn

bebaute und bewahrte.» Mit diesem Satz sind Grös-

se und Grenze menschlicher Arbeit umrissen. Die

Grösse: Der Mensch wird als Mitarbeiter Gottes

ausgezeichnet. Gott setzt ihn dazu ein, jenen Gar-

ten, jene Welt, die er geschaffen hat, als guter

Verwalter zu hegen und zu pflegen. Gott erschafft

die Welt als Ort, an dem alle Geschöpfe gut beiei-

nander leben können. Und er vertraut dem Men-

schen die Aufgabe an, die Welt in diesem Sinne

zu gestalten. Die Grenze ergibt sich daraus: Der

BEFREIT

AM WERK

ARBEIT THEOLOGISCH

LA LIBERTÉ

D’ÊTRE SOI

THÉOLOGIE DU TRAVAIL

«Im Schweisse

deines Ange-

sichts ...»: Arbeit

hat verschiedene

Formen.

«A la sueur de son

front…»: Le travail

peut prendre

plusieurs formes.

©German Falke / Imagopress

©Patrick Lüthy / Imagopress