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Dossier —– ENSEMBLE 2016/7

Preisüberwacher Stefan Meierhans sprach

am Kirchensonntag als Laienprediger in der

Petruskirche in Bern. Als Grundlage dazu

nahm er eine kritische Textstelle von Jeremia.

Welche Werte vertritt der zweifache

Familienvater selbst?

Interview von Adrian Hauser

Herr Meierhans, was bewog Sie dazu, diese Predigt

zu halten?

Ich wurde angefragt und habe mich sehr dar-

über gefreut! In jungen Jahren hatte ich kurz

mit dem Gedanken gespielt, Pfarrer zu werden.

20 Jahre später stand ich nun doch noch auf der

Kanzel.

Wie haben Sie es persönlich mit dem Glauben und

der Religion?

Ich glaube, dass unsere Wurzeln und damit

auch unser Glaube ein wichtiges Fundament der

Gesellschaft sind. Gerade die zunehmende Säku-

larisierung der Gesellschaft – weg von der Volks-

kirche – breitet erst den

Grund für Fundamentalis-

mus und Radikalismus in

vielerlei Schattierung. Des-

halb ist mir die Volkskirche

ein Anliegen. Was meinen

persönlichen Glauben an-

geht, so ist er nicht immer

ohne Zweifel.

In Ihrer Predigt sprachen

Sie von einem inneren

Kompass, um gut von

schlecht zu unterscheiden.

Wie ist Ihr innerer Kompass

als Preisüberwacher ausge-

richtet?

Wenn Sie meinen beruf-

lichen Kompass anspre-

chen, so gibt mir das Gesetz

den Rahmen vor, wie ein

Preismissbrauch zu beur-

teilen ist. Die Väter und

Mütter des Preisüberwa-

chers sind Organisationen

des Konsumentenschutzes.

Der Gedanke an den End-

verbraucher spielt deshalb gerade dort, wo ich

über Ermessen verfüge, ebenfalls eine Rolle. Letzt-

lich ist mein Ziel, Konsumentinnen und Konsu-

menten dort, wo es das Gesetz zulässt, davor zu

bewahren, «übers Bett abgschrisse» zu werden.

Welche Werte vermitteln Sie Ihren beiden Töch-

tern?

Wurzeln und Flügel! Ich versuche ihnen in

der Familie – und zusammen mit meiner Frau

Béatrice – Wurzeln und Heimat zu vermitteln und

sie zu ermutigen, selbstbewusst die Welt zu ent-

decken.

Eine der Botschaften von Jeremia ist das «Dran-

bleiben». Welches sind aus Ihrer Sicht die zurzeit

wichtigsten politischen Herausforderungen in der

Schweiz, an denen man «dranbleiben» soll?

Wir gehören zu den materiell wohl am besten

abgesicherten Erdenbürgern auf dem ganzen

Planeten. Die Herausforderung besteht darin, dies

für unsere Nachkommen zu bewahren – in jeder

Hinsicht. Aus meiner Sicht steht die Familien­

politik zu wenig im Zentrum der politischen

Diskussion. Dann müssen wir uns – gerade in

Zeiten des starken Frankens – Gedanken darüber

machen, wie wir unsere Arbeitsplätze nachhaltig

sichern. Und letztlich kann sich nur jener ent­

falten, der sich sicher fühlt: Sicherheit zu schaffen,

gehört zu den Kernaufgaben des Staates.

Jeremia fordert auch dazu auf, kritisch zu bleiben.

Wo sind die Konsumentinnen und Konsumenten

Ihrer Meinung nach zu unkritisch?

Konsumentinnen und Konsumenten haben in

vielen Fällen eine Wahlfreiheit. Freiheit heisst

auch Verantwortung – nämlich die Freiheit wahr-

zunehmen! Wenn ich daran denke, dass zum Bei-

spiel bei der Krankenversicherung pro Jahr unter

10 Prozent der Versicherten bei gleichem,

gesetzlich garantiertem Leistungsniveau ihre

Versicherung wechseln – auch wenn sie Hunderte,

ja Tausende von Franken sparen könnten –, dann

fällt es mir schwer, das zu verstehen.

Der Kirchensonntag stand auch unter dem Zeichen

der Vernetzung. Welche Netzwerke sind für Sie

privat und auch beruflich wichtig?

Am wichtigsten sind mir meine Familie und

meine Freunde. Aus Zeitgründen bin ich nur in

wenigen Vereinen aktiv – am ehesten noch in mei-

ner Partei, der CVP. Da treffe ich Gleichgesinnte,

die über die Zeit zu Freunden geworden sind.

P R E D I G T V O N S T E F A N M E I E R H A N S

«Freiheit heisst auch Verantwortung»

©Ruben Wyttenbach

Stefan Meierhans