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Dossier —– ENSEMBLE 2016/7
Rund 60 Personen kamen an den Kirchen-
sonntag im Kirchgemeindehaus in Meinis-
berg, der ausschliesslich von Freiwilligen
durchgeführt wurde. Das Thema Vernetzung
wurde vielfältig und kreativ aufgenommen.
Wichtigste Erkenntnis: Vernetzung heisst
nicht Selbstaufgabe.
Von Adrian Hauser
Passend zum Thema begann der Gottesdienst der
Kirchgemeinde Pieterlen mit dem Lied: «Wenn
einer alleine träumt, ist es nur ein Traum. Wenn
viele gemeinsam träumen, so ist das der Beginn
einer neuen Wirklichkeit.» Der Text stammt von
Erzbischof Hélder Câmara, der in Brasilien die ers-
ten kirchlichen Basisgemeinden gründete und
sich für eine Kirche der Armen starkmachte.
In der nachfolgenden Predigt berichtete die
freiwillige Mitarbeiterin Annemarie Schmid über
die Vernetzungsarbeit von Paulus in der Bibel.
Dieser verstand es wie kein anderer, Netzwerke
unter Menschen zu knüpfen und zu nutzen. Auf
seinen drei Missionsreisen durch den heutigen
Nahen Osten gründete er verschiedene christliche
Gemeinden. Sobald diese in der Lage waren, sich
selbst zu organisieren, reiste er weiter. Zu den Ge-
meinden hielt er Kontakt durch Briefe, in denen
er die christliche Glaubenslehre vertiefte und auf
Probleme sowie aktuelle Fragen einging. Er ent-
sandte ausserdem Mitarbeitende an Orte, wo Hil-
fe gebraucht wurde, und besuchte einige Orte
mehrmals, um die Verbindung aufrechtzuer
halten. Mit seinen Reisen vernetzte er so den Na-
hen Osten von Griechenland bis Israel. Und er war
nicht allein unterwegs: In den Paulusbriefen und
der Apostelgeschichte werden unter anderen Bar-
nabas, Timotheus, Titus, Erastus und Silas als Be-
gleiter erwähnt. Mit der Geschichte von Paulus
zeigte Annemarie Schmid in ihrer Predigt auf, dass
es in der Bibel durchaus Vorbilder für Vernet-
zungsarbeit gibt. Sie hob denn auch hervor, dass
sich Paulus für die Menschen interessierte, deren
Probleme ernst nahm und sie dazu aufrief, Sorge
zueinander zu tragen.
Kein Einheitsbrei
Die Katechetin Karin Weber näherte sich dem The-
ma in ihrer Predigt auf eine eher philosophische
Weise. Sie erinnerte daran, dass Abschottung das
Gegenteil von Vernetzung ist und man die Wahl
hat. Nur: Allein ist nicht alles möglich, was man
zusammen mit anderen schaffen kann. Mit einer
Vernetzung gehe man zwar Verpflichtungen ein,
dies bedeute aber keine Selbstaufgabe. Vielmehr
gehe es um einen losen Verbund, der zu einem
Ganzen wird. Karin Weber verglich ein Netzwerk
sinnbildlich mit dem Kabelnetz in einem elektro-
nischen Gerät. So brauche es jedes Kabel, damit
das Gerät funktioniere, die Kabel müssten sich
durch die Isolation aber auch voneinander abgren-
zen und ihre Eigenständigkeit bewahren. Denn
ohne Isolation kommt es zu einem Kurzschluss.
Karin Weber hatte mit dieser Aussage natürlich
auch die aktuelle Regionalisierung im Auge. So
würden Fusionen, also ein vollkommenes Ver-
schmelzen verschiedener Dinge, zu einem Ein-
heitsbrei führen. Wenn aber Partner zusammen-
arbeiten, die auf eigenen Füssen stehen, könne
das durchaus ein Gewinn sein.
Denselben Ball nahm Kirchgemeindepräsident
Georg Podolak-Bornhauser auf. Er verglich ein
Netzwerk mit den farbigen Fäden, welche die
K I R C H E N S O N N T A G D E R K I R C H G E M E I N D E P I E T E R L E N
Vernetzung heisst Ressourcen bündeln
©Mauro Mellone
©Mauro Mellone
Alleine ist nicht
alles möglich, was
man zusammen
schaffen kann.
Impossible de
faire seul ce que
l’on peu réussir
ensemble.