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Dossier —– ENSEMBLE 2016/7
sonntags avancierten: Jugend, Gastfreundschaft,
das Verhältnis der Kirchgemeinden zur Landeskir-
che, die Kirche in der Gegenwart und der Gesell-
schaft, Familie und die Laientätigkeit.
Umbruch in Gesellschaft und Kirche
In den 50er-Jahren wurde von verschiedenen Sei-
ten her beklagt, die gewählten Themen seien zu
theologisch, so dass keine Laien dazu motiviert
werden könnten, eine Predigt zu halten. Im Zuge
der sich verändernden Gesellschaft und einer sich
damit wandelnden Kirche traten soziale und
weltweite Themen in den Vordergrund. Durch die
68er-Bewegung fand eine Politisierung statt, Tra-
ditionen und Hierarchien wurden in Frage ge-
stellt. In den Kirchen entstanden vermehrt Laien-
gruppen und Bewegungen, welche die Kirche
mitgestalten und prägen wollten. An das Priester-
tum aller Gläubigen erinnernd stellten sie den
Anspruch, selbst ebenfalls theologisch gültige
Aussagen machen zu können. So ist beispielswei-
se in dieser Zeit der Weltgebetstag der Frauen
entstanden. Damit war die Zeit der prominenten
Rednerinnen und Redner, die man zum Predigen
am Kirchensonntag einlud, nicht einfach vorbei.
Vermehrt wurden aber auch Freiwillige in die Ge-
staltungen der Feier einbezogen. Der Weg führte
von der Mitgestaltung zur selbstständigen Gestal-
tung. Die Zahl der Gemeinden, in denen für den
Anlass Gruppen gebildet wurden, die den Kirchen-
sonntag gestalteten, wuchs stetig.
Raum für die Vielfalt
Heute wird der Kirchensonntag auf ganz unter-
schiedliche Arten vorbereitet und gefeiert. Es gibt
Pfarrpersonen, die den Ablauf allein festlegen und
durchführen, und solche, die sich gar nicht betei-
ligen und den «Laien» das Feld überlassen. Einige
Freiwilligengruppen bereiten den Kirchensonntag
gerne vor, bevorzugen es aber, externe Redner für
die Predigt einzuladen. Bei der Umsetzung des
Themas gibt es kein Richtig oder Falsch. Vielmehr
sollen die Besonderheiten der Kirchgemeinden
zum Ausdruck kommen. In der Umsetzungsform
soll auf die Situation der Gemeinde und die Bega-
bungen der Vorbereitungsgruppen eingegangen
werden. Im Geiste des Kirchensonntags muss je-
doch stets das Bemühen im Zentrum stehen, einen
Raum zu schaffen, in dem möglichst viele und
unterschiedliche Gemeindemitglieder Ausdruck
in Wort und Tat finden können. Dahinter steht das
Anliegen, die Gaben und die Vielfalt der Gemein-
de und ihrer Mitglieder sichtbar, erlebbar und
spürbar zu machen.
Eine 2001 durchgeführte Evaluation zeigte,
dass das Element der Laientätigkeit im Laufe der
Zeit zum wichtigsten Wesensmerkmal des Kir-
chensonntags geworden ist. So bezeichnen viele
Freiwillige den Kirchensonntag als «Üse Sunntig».
Vernetzt ins Jahr 2017
Dazu passt das diesjährige Thema «Kirche ver-
netzt» optimal, weil sich Kirche nicht an Einzelnen
zeigt, sondern in den Beziehungen der Kirchge-
meindemitglieder untereinander, zu der Gemein-
de, zu ihrer ganzen Umwelt. Das Thema «Kirche
vernetzt» wurde unterschiedlich und vielfältig
aufgenommen und umgesetzt. Aus der Vielfalt
lässt sich so ein Netz der Einheit und Verbunden-
heit knüpfen. In dieser Ausgabe des ENSEMBLE
befinden sich Beispiele, wie der Kirchensonntag
umgesetzt wurde.
2017 wird in der Schweiz und weltweit das
Reformationsjubiläum gefeiert: In den Kirchge-
meinden soll deshalb am Kirchensonntag unter
dem Titel «Reformiert sein gestern und heute»
über das Erbe der Reformation nachgedacht
werden. Man soll sich aber auch an den Geist einer
Kirche erinnern, die sich gemäss ihrem Erbe stets
zu reformieren hat. Was bedeutet dieses Erbe und
was ist es uns heute noch wert? Diesen und ande-
ren Fragen werden sich die Kirchgemeinden am
Kirchensonntag 2017 widmen.
Vorbereitungstagung 2017
Die Vorbereitung zum Kirchensonntag 2017 findet am 17.9.2016
im Campus Muristalden in Bern statt. Weitere Informationen:
www.refbejuso.ch> Inhalte > Kirchensonntag
Kontakt:
Franziska Huber,
franziska.huber@refbejuso.ch, Tel. 031 340 25 23
©Michael Stahl
Raum für
möglichst viele
Gemeinde-
mitglieder.
Un espace
pour le plus de
membres de la
communauté.