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Fokus —– ENSEMBLE 2016/6

Interview von Adrian Hauser

Herr Schulthess, die erste Etappe des Visionspro-

zesses «Fragen stellen» neigt sich dem Ende zu.

Wie viele Fragen sind eingegangen und wie viele

Leute wurden erreicht?

Bisher wurden ungefähr 4500 Fragen gesam-

melt (Anm. d. Red.: Stand 20. Januar 2016). Sehr

viele Fragen kamen an den elf Konferenzen, die

in verschiedenen Regionen durchgeführt wurden.

Das waren sehr erfreuliche Veranstaltungen, denn

die Anwesenden waren mit viel Engagement da-

bei. Es gab angeregte Gruppengespräche und

hochinteressante Ergebnisse. Allein über die Kon-

ferenzen haben wir etwa 700 bis 800 Personen

erreicht. Daneben gab es verschiedene Aktivitäten

in den Kirchgemeinden. Wir schätzen, dass die

Hälfte aller Kirchgemeinden etwas zum Thema

anbot. Das reichte von Regionalgottesdiensten bis

hin zu einem einfachen Briefkasten, in den man

die Fragen hineinwerfen konnte. Die Kirchgemein-

den haben das Thema kreativ und vielfältig auf-

genommen.

Dann hat also eine breite Mobilisierung an der

Basis stattgefunden.

Das bestimmt, doch wie immer gab es auch

Orte, an denen gar nichts passiert ist.

Welche übergeordneten Ziele wurden mit der ers-

ten Etappe des Prozesses verfolgt und wie wurden

sie erreicht?

«IN JEDER

FRAGE

STECKEN

ANTWORTEN

»

VISIONSPROZESS KIRCHE 21

«DANS CHAQUE

QUESTION

SE CACHENT DES

RÉPONSES

»

VISION ÉGLISE 21

Das Ganze zielt darauf ab, dass man eine Visi-

on finden will, also ein Bild von unserer Kirche für

die Zukunft. Ein Bild, in dem Kraft steckt, ein Bild,

das die Breite und die Vielfalt der Kirche pointiert

darstellt. Ich finde gut, dass wir eine breite, offene

Kirche haben, doch sie darf Pointierungen haben.

Es ging ebenfalls darum, die Leute ernst zu neh-

men und sie zu fragen, was sie denn im

Zusammenhang mit der Kirche beschäftigt. Wir

haben auch andere Methoden geprüft, haben uns

aber bewusst für das Mittel des Fragenstellens

entschieden.

Das ist ja ein sehr basisdemokratisches Vorgehen.

Ja, doch wir wurden teilweise kritisiert, es sei

aus theologischer Sicht nicht das Richtige. Es wur-

de manchmal gezweifelt, ob das zielführend sei.

Heute bin ich aber absolut davon überzeugt, dass

dies das richtige Vorgehen ist. Denn in jeder Frage

stecken Antworten, auch wenn sie offen formu-

liert ist. Man spürt sofort, in welche Richtung man

Antworten suchen muss. Wir wollten den Prozess

öffnen und breit machen. Das ist gelungen.

In welche Richtung geht es denn?

Es geht in die Richtung, zu klären, wer wir

eigentlich sind.

Es geht also um die Identitätsfrage?

Ja. Es geht darum, zu klären, wer wir in der

Gesellschaft sind, wie wir uns innerhalb der Ge-

sellschaft verhalten, wie wir uns zum Evange-

lium verhalten, wer wir in den Beziehungen

untereinander in unserer Vielfältigkeit und Ver-

schiedenartigkeit sind, wer wir in unserem Auf-

trag sind.

Es geht also einerseits um die Institution Kirche,

aber auch um die Religionsgemeinschaft Kirche.

Pfarrer Iwan Schulthess ist Departementschef

Katechetik und leitet zusätzlich den Visions-

prozess Kirche 21. Im Gespräch erklärt er,

warum das Fragenstellen ein starkes Mittel

und ein solcher Prozess zutiefst reformiert ist.