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Kreuz und quer —– ENSEMBLE 2016/9
V I K A R I A T S W O C H E N
Weiterbildung für angehende Pfarrpersonen
Von Helena Durtschi*
Bei dem Besuch auf der Palliativabteilung des
Inselspitals erhielten die angehenden Pfarrperso-
nen Einblick in den Alltag der Spitalseelsorgerin
Simone Bühler, die schwerkranke und sterbende
Menschen begleitet. Anders als im sonst hekti-
schen Spitalalltag ist die Atmosphäre hier ruhig,
fast meditativ. «Damit sich Patientinnen und Pa-
tienten sowie ihre Angehörigen wohlfühlen,
braucht es eine gut funktionierende interdiszipli-
näre Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Sozial-
diensten, Pflegepersonal, Physiotherapeutinnen,
Seelsorgenden und Freiwilligen», erzählte Simone
Bühler. Wichtig sei auch die Vernetzung mit dem
Wohnort und den dort vorhandenen Strukturen
wie beispielsweise mit der Spitex.
Persönliche Beratung
«Eine gut funktionierende Zusammenarbeit und
Vernetzung mit Kirchgemeinden ist zentral.»
Dies sagten David Kuratle und Barbara Rissi an-
lässlich des zweiten Besuches bei der Beratungs-
Die gesamtkirchlichen Dienste beteiligen
sich auch an der Ausbildung von Pfarr-
personen. So führen sie in Zusammenarbeit
mit anderen Institutionen unter anderem
Vikariatswochen durch. Dieses Jahr zu sozial-
diakonischen, seelsorgerlichen und wirt-
schaftsethischen Fragen.
stelle «Ehe – Partnerschaft – Familie» (EPF) in Bern.
Finanziert wird die Beratungsstelle von Mitglied-
Kirchgemeinden, aus Beiträgen des Synodalver-
bandes, durch den Kanton Bern im Rahmen einer
Leistungsvereinbarung und durch freiwillige Bei-
träge von Klientinnen und Klienten. Aufgesucht
wird die Beratungsstelle hauptsächlich von Men-
schen in schwierigen Beziehungssituationen.
Nicht immer geht es um Trennung und Schei-
dung, sondern auch um Erziehungsfragen, finan-
zielle Sorgen, Generationenkonflikte oder um
Begleitung bei Krankheit, Alter oder Verlust eines
Angehörigen. Viele Personen suchen die Bera-
tungsstelle bei Übergangskrisen auf. Beispielswei-
se bei der Gründung einer Familie, wenn die Kin-
der ausziehen oder die Pensionierung ansteht. In
einigen Kirchgemeinden werden Rituale für die-
se Übergangssituationen angeboten. Damit wird
die Begleitung auf einer anderen Ebene weiter-
geführt.
Stadt und Land
Um sozialdiakonische und seelsorgerliche Fragen
ging es dann auch in Signau. Beim Besuch auf zwei
Bauernbetrieben wurde deutlich, welche existen-
ziellen Auswirkungen die Agrarpolitik auf die
Lebenssituation von bäuerlichen Familien hat. Das
Zusammenleben verschiedener Generationen
birgt viel Zündstoff, und Pfarrpersonen wirken oft
als Vermittler.
Diese sind gefordert, sich mit den unterschied-
lichen Lebenswelten der Menschen, die in ihrer
Kirchgemeinde leben, auseinanderzusetzen. Da-
bei gibt es grosse Unterschiede zwischen Stadt und
Land. Das kam in den Diskussionsrunden im Haus
der Kirche mit Pfarrerin Barbara Rieder von der
Gesamtkirchgemeinde Bern, mit Pfarrer Marcel
Schneiter aus Rüderswil und mit Renate Zürcher
aus Bowil zum Ausdruck. So sind Kirchgemeinden
auf dem Land oft homogener, bei Beerdigungen
etwa ist das ganze «Dorf» anwesend. In der Stadt
sind die Ansprüche individueller, die Angebote
sind auf verschiedene Zielgruppen ausgerichtet,
und es ist schwierig, eine Kerngemeinde auszu
machen.
Für die angehenden Pfarrpersonen boten die
diversen Besuche und Gespräche der Woche die
Möglichkeit, sich selber mit der Frage auseinan-
derzusetzen, wo ihr zukünftiger Platz in der Kirche
sein könnte.
* Mitarbeiterin Bereich Sozial-Diakonie
Einblick in den
Spitalalltag.
Coup d’œil dans
le quotidien
de l’hôpital.
©Michael Stahl