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ENSEMBLE 2016/14 —– Dossier
Exodus wegen Geldknappheit
Es geht aber nicht einfach um Zahlen. Die Sparrun-
de überdeckt lediglich, dass der politischen Debat-
te um die internationale Zusammenarbeit die gros-
sen Ziele abhandengekommen sind. Man stellt
keine grundlegenden Fragen, sondern das Budget
der DEZA (Direktion für Entwicklung und Zusam-
menarbeit) wird mit allem Möglichen belastet.
Humanitäre Notlagen, denen bisher mit Nachtrags-
krediten begegnet wurde, müssen mit dem neuen
Rahmenkredit 2017–2020 weitgehend abgedeckt
werden. Sie konkurrenzieren deshalb die langfris-
tige Aufbau- und die kontinuierliche Projektarbeit.
Dieselbe Auswirkung hat der fixe Einbezug von
Aufwendungen für das Asylwesen in das Budget
der «öffentlichen Entwicklungshilfe». Möglicher-
weise noch gravierender ist die politische Idee, dass
künftig auch der Klimaschutz aus dem Budget der
DEZA und des SECO (Staatssekretariat für Wirt-
schaft) berappt werden soll. Dabei geht es um Hun-
derte von Millionen und um ein Engagement, das
mit Entwicklung nichts zu tun hat, sondern ledig-
lich Schadensbegrenzung betreibt.
Es scheint sich die Vorstellung zu etablieren,
Entwicklungszusammenarbeit müsse primär
unsere Probleme lösen. Sie soll zum Beispiel vor
Migrationsströmen bewahren. Dass dies zutreffen
kann, bestätigt Peter Niggli, ehemaliger Direktor
von «Alliance Sud»: «Wären die UNO-Lager syri-
scher Flüchtlinge nicht ausgehungert worden,
weil die Geberstaaten zu wenig Geld zur Ver
fügung stellten, wäre es 2015 nicht zum grossen
Exodus gekommen.» Eine solche Wirkung aber
generell von Entwicklungszusammenarbeit zu
erwarten, ist weit überzogen.
©Ruben Wyttenbach /Ex-Press
Forderung
der UNO:
0,7 Prozent des
Bruttonationalein-
kommens sollen
für die öffentliche
Entwicklungs-
hilfe aufgewendet
werden.
Revendication
de l’ONU:
0,7 pour cent du
produit national
brut doit être
attribué à l’aide au
développement.