15
ENSEMBLE 2015/2 —– Dossier
D
Nicolas Meyer –
Antonio García ist seit
zwei Jahren Titularorganist der französi-
schen Kirche Bern – und er verbindet gerne
verschiedene Musikstile miteinander. Das
Kind des Berner Juras mit peruanischen und
Deutschschweizer Wurzeln engagiert sich zu-
dem in zahlreichen Bereichen, die einen Bezug
zu seinem Lieblingsinstrument haben.
Antonio García tut sich schwer damit, Kirchenmu-
sik abschliessend zu definieren. Für ihn kann man
sie nicht in eine Schublade stecken: «Die Musik an
sich hat keinen genau definierten Wert. Ihr Wert
ist vielmehr abhängig vom Kontext und von der
Art und Weise, wie sie gespielt wird. Das gilt be-
sonders für kirchliche Feierlichkeiten.» Er findet
es beispielsweise sehr paradox, dass der Luther-
choral während der Reformation an Volkslieder
angelehnt und deren Liedtext verändert wurde.
Heute hingegen darf man gar nichts verändern
an diesen Gesängen, die zu einer unantastbaren
Referenz geworden sind. Der Organist zeigt sich
offen gegenüber «profaner» Musik und «profanen»
Liedern im Rahmen von kirchlichen Feierlichkei-
ten: «Wichtig ist, dass Predigt, Bibeltexte, Gesänge
und die Musik ein abgerundetes Gesamtbild erge-
ben.» In seinen Augen ist es möglich, einem Schla-
ger einen tieferen und spirituellen Sinn zu verlei-
hen oder auf der anderen Seite ein Kirchenlied
mechanischer oder sogar in Richtung Marschmusik
zu interpretieren: «Wenn man einem Gesang folgt,
interpretiert man ihn auf die eine oder andere
Weise. Wichtig ist dabei, sich auf das zu konzen
trieren, was der Text sagt. Denn je nachdem,
wie man den Text singt, kann der Sinn nämlich
vollständig verlorengehen.»
Stile verbinden
Antonio García startete seine Musikerkarriere mit
dem Akkordeon. Er beherrscht das Instrument im-
mer noch meisterlich und kann mit ihm ein sehr
breites Repertoire abrufen. Er spielt regelmässig
Akkordeon im Tango-Trio «Tres vientos» und er
begleitet damit die Sänger der Popgruppe «B-
Twin». Obwohl die Orgel heute im Zentrum seines
Lebens steht, versucht er doch ständig, den musi-
kalischen Horizont des Akkordeons zu erweitern.
«Ich fühlte mich der Familie der Organisten nie
so richtig zugehörig», meint er. Selbst ist er in ei-
ner nicht sehr musikalischen Umgebung aufge-
wachsen und achtet deshalb sorgsam darauf, dass
sich an seinen Konzerten niemand langweilt. Das
führt letztlich dazu, dass er verschiedene Musik-
stile mischt. Während seines Studiums interessier-
te er sich für die Kombination Orgel und elektro-
nische Musik. Die Auseinandersetzung damit
führte schliesslich zur Multimedia-Aufführung
«Alice», in der verschiedene «Sounds» fröhlich ge-
mischt werden und Ausschnitte aus verschiedenen
Filmversionen von «Alice im Wunderland» zu se-
© Mauro Mellone
Antonio García à son lieu de travail.