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Fokus —– ENSEMBLE 2016/5

I N T E R R E L I G I Ö S E F R I E D E N S A R B E I T

Mission Frieden

Mission 21 hat ein neues Arbeitsheft

zur interreligiösen Friedensarbeit für Gottes-

dienst, Unterricht und Gemeindepraxis

erarbeitet. Mitautor Christian Weber erklärt,

warum Frieden keine Utopie ist und wie

sich Kirchgemeinden nach dem blutigen

Terror von Paris dem Thema nähern können.

Interview von Hannes Liechti

Auf der Welt toben so viele Konflikte und Kriege

wie schon lange nicht mehr. Hat der Frieden über-

haupt eine Chance?

«Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frie-

den ist der Weg.» Nach diesem Gandhi-Zitat bleibt

uns gar nichts anderes übrig, als dem Frieden ei-

ne Chance zu geben. Jesus sagte kurz vor seinem

Tod zu seinen Jüngern: «Meinen Frieden gebe ich

euch.» Frieden in einer schwierigen Situation ist

also kein Widerspruch. Im Gegenteil: Gerade dann

ist er besonders nötig und man kann ihn womög-

lich auch in besonderer Weise erfahren.

Mit den Anschlägen von Paris ist der islamistische

Terror endgültig mitten in Europa angekommen.

Welche Gefahren lauern in der Reaktion auf die

schrecklichen Ereignisse?

Ich sehe vor allem zwei Tendenzen: Einerseits,

sich vom Islam abzuschotten, und andererseits,

Religion in die Privatsphäre zu verbannen. Ich

denke, in beiden Fällen müsste die Reaktion genau

gegenteilig verlaufen. Die Analyse der Täterprofile

zeigt, dass viele von ihnen gerade nicht religiös

erzogen worden sind. Eine grosse Sinnleere hat

sie für extremistische Sektenführer anfällig ge-

macht.

Partnerkirchen von Mission 21 wie in Indonesien

oder Nigeria sind tagtäglich mit interreligiösen

Konflikten oder Kriegen konfrontiert. Was können

wir von ihnen lernen?

Zu unseren Jubiläumsfeierlichkeiten im Som-

mer brachten unsere Gäste aus Nigeria auf eigene

Kosten muslimische Freunde mit, um zu zeigen,

dass der Islam in ihrer Heimat etwas anderes ist

als die Terrororganisation Boko Haram. Aus

Malaysia höre ich ähnliche Stimmen: Die dortigen

Glaubensgeschwister ermuntern uns, enger mit

Muslimen und Musliminnen zusammenzuarbei-

ten. Zugleich warnen sie uns davor, die Gefähr-

lichkeit des Extremismus zu unterschätzen.

Welchen Beitrag zum Frieden können Kirchge-

meinden leisten?

Ich sehe drei Aspekte: Solidarität, Spenden und

Sensibilisierung. Unsere Partner sagen: Ihr helft

uns mehr, als ihr vermutet, indem ihr für uns be-

tet, an unsere Situation und die Opfer erinnert.

Mission 21 versucht das mit einer Armband-Aktion:

Jedes Band trägt den Namen eines Opfers von Bo-

ko Haram. Spenden werden für die Versorgung

von Flüchtlingen, Trauma-Workshops und den

Wiederaufbau zerstörter Wohngebiete und Kir-

chen benötigt. Und schliesslich die Sensibili­

sierung der Jugend, auch hier bei uns: Wie sich

jemand in einem Konflikt verhält, hängt wesent-

lich von seiner – gerade auch religiösen – Prägung

ab. Deshalb umfasst das Arbeitsheft auch einen

Unterrichtsentwurf.

Wie lautet Ihr Appell an Kirchgemeinden, jetzt,

nach den Ereignissen von Paris?

Es ist Zeit, dass wir Christinnen und Christen

neu entdecken, welche Friedenskraft in unserem

Glauben steckt und wie wir sie in der Gesellschaft

einsetzen können. Ich kann mir vorstellen, dass

Kirchgemeinden hier eine grosse Wirkung entfal-

ten können, die man leicht unterschätzt.

Download und Bestellung Arbeitsheft:

www.mission-21.org/download

Christian Weber,

Studienleiter

Mission 21,

mit dem neuen

Arbeitsheft.

Christian Weber,

responsable d'étu­

des à Mission 21

présente le

nouveau livret.

© Jonathan Liechti