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ENSEMBLE 2017/15 —– Dossier
hinter sich. Eine Lehrstelle in einem Betrieb mit
weniger direktem Kundenkontakt wäre wohl die
Lösung. Und tatsächlich: Nach zwei Monaten in-
tensiver Suche fand Marco eine neue Lehrstelle in
einer Coop-Pronto-Filiale. Die Mentorin hatte mit
ihm Lehrbetriebe evaluiert, die Bewerbungsun-
terlagen aktualisiert, ihn auf das Vorstellungsge-
spräch vorbereitet und den Schnuppertag ausge-
wertet.
Fünf Monate später meldet sich Marco wieder
bei «Job Caddie». Er habe sich mit dem neuen Chef
nicht verstanden, dem Druck während der Stoss-
zeiten nicht standgehalten und den Frischback-
waren-Ofen nicht bedienen können. Der neue
Lehrvertrag sei auch schon wieder aufgelöst.
Nun wolle er im nächsten Sommer eine Lehre
als Fachmann Betreuung, Fachrichtung Kind, an-
fangen. Er sei schon seit Jahren Pfadi-Leiter, könne
es mit Kindern gut, da könne er Verantwortung
übernehmen. Die Beratung im Berufsinforma
tionszentrum habe ergeben, dass er für diesen
Bereich grundsätzlich geeignet sei.
«Job Caddie» wird ihm eine neue Mentorin
oder einen neuen Mentor vermitteln. Jemanden,
der sich im Bereich Kinderbetreuung auskennt,
der sorgfältig Marcos Wünsche mit der beruf
lichen Realität wird abgleichen können. Vielleicht
ist es wirklich der passende Beruf für ihn, viel-
leicht lohnt es sich, die Suche aber noch einmal
auszudehnen. Was sicher ist: Marco braucht wie
jeder junge Mensch einen Platz in unserer Arbeits-
welt, in unserer Gesellschaft.
Generationenverbindend und notwendig
Gemäss Studien und den Berechnungen des Mit-
telschul- und Berufsbildungsamts (MBA) werden
im Kanton Bern mehr als ein Fünftel aller neu ab-
geschlossenen Lehrverträge vorzeitig aufgelöst.
In einzelnen Lehrberufen, so beispielsweise im
Verkauf, bei den Coiffeuren und Coiffeusen, den
Köchen und Köchinnen oder den Maurern und
Maurerinnen, beträgt die Quote gar über 30 Pro-
zent. Unabhängig von der Branche ist jeder oder
jede dritte ausländische Jugendliche von einer
Lehrvertragsauflösung betroffen, unter den
Schweizer jungen Erwachsenen ist es jeder oder
jede Fünfte. Wer als junger Erwachsener keine
Ausbildung abschliesst und somit den Einstieg in
die Berufswelt nicht schafft, wird mit grosser
Wahrscheinlichkeit, zumindest vorübergehend,
von staatlicher Sozialhilfe abhängig. Besonders
junge Erwachsene mit Migrationshintergrund,
schulisch Schwächere und solche, die bereits eine
Phase der Arbeitslosigkeit durchlebt haben, sind
gefährdet, langfristig nicht wieder ins Berufsleben
einsteigen zu können. Oft kommen familiäre
Schwierigkeiten oder ein wenig tragfähiges sozi-
ales Netzwerk erschwerend dazu, so dass der Ju-
gendliche oder die Jugendliche nicht auf eine
entsprechende Unterstützung der Familie zählen
kann.
Hier setzt das Mentoringprogramm «Job Cad-
die» an, indem es jungen Erwachsenen mit
Schwierigkeiten in der Lehre oder nach einer Ver-
tragsauflösung eine Begleitung durch Mentoren
und Mentorinnen in einer 1:1-Unterstützung an-
bietet. Dank Branchennähe der begleitenden Men-
toren und Mentorinnen sowie deren Kontakten
und Erfahrungen im jeweiligen Berufsfeld ist es
innerhalb kurzer Zeit möglich, eine für die Jugend-
lichen passende Lösung zu finden. Für die Kirch-
gemeinden erschliesst sich durch die freiwillige
Arbeit der Mentoren und Mentorinnen ein attrak-
tives und generationenverbindendes Tätigkeits-
gebiet für jüngere wie für ältere Personen.
Mentorinnen und Mentoren gesucht
Sind Sie interessiert, in einem sozialen Projekt
mitzuwirken? Möchten Sie junge Menschen auf
demWeg der Berufsbildung unterstützen? Sind
Sie bereit, ein bis zwei Stunden pro Woche in
die Begleitung eines jungen Menschen zu in-
vestieren? Möchten Sie mehr über das Projekt
und Ihre Aufgabe erfahren?
Weitere Infos: «Job Caddie» Bern,
Gérald Mathieu, Leiter, Tel. 031 560 68 17,
jobcaddie@ogg.ch,
www.jobcaddie.chReformierte Kirchen Bern-Jura-Solothurn,
Bereich Sozial-Diakonie, Matthias Hunziker,
Tel. 031 340 25 70,
matthias.hunziker@refbejuso.chEin gelungener
Berufseinstieg
ist wichtig für
die Zukunft.
Un bon départ
dans la vie
professionnelle
est important
pour son avenir.
© Job Caddie