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Dossier —– ENSEMBLE 2015/1
von Adrian Hauser
Die Situation der Landeskirchen in der Schweiz ist
geschichtlich bedingt und ist kantonal sehr unter-
schiedlich. Die traditionell reformierten Kantone
kennen grundsätzlich ein engeres Verhältnis zwi-
schen Kirche und Staat als traditionell katholische
Kantone. Dies wegen des einstigen reformierten
Staatskirchentums, wie auch aus dem Experten-
bericht «Das Verhältnis von Kirche und Staat im
Kanton Bern» von Michael Marti und Rudolf Muggli
hervorgeht.
So sind die die Bande zwischen Staat und Lan-
deskirchen im Kanton Bern relativ eng. Der Staat
bezahlt aufgrund historischer Rechtstitel nicht nur
die Löhne der Pfarrschaft, sondern zieht auch die
Kirchensteuern ein und unterstellt die Kirch
gemeinden seiner Gemeindeaufsicht. Die Landes-
kirchen werden im Kanton Bern also öffentlich-
rechtlich anerkannt, sind mit dem Staat verflochten
und werden teilweise durch diesen finanziert.
Ebenfalls stark evangelisch-reformiert geprägt
ist der Kanton Schaffhausen. Der Staat zahlt dort
den Landeskirchen knapp 4 Millionen Franken für
kirchliche Zwecke, was sehr breit gefasst ist. Zudem
erheben die anerkannten Kirchen bei ihren Mit-
gliedern Steuern. Ein politischer Vorstoss, der die
staatlichen Beiträge an Leistungsvereinbarungen
knüpfen wollte, scheiterte Anfang Jahr an der Urne.
Staatsbeiträge in Zürich und Basel-Landschaft
Etwas mehr Distanz zwischen Kirche und Staat
besteht in den Kantonen Zürich und Basel-Land-
schaft. In diesen Kantonen sind die Landeskirchen
öffentlich-rechtlich anerkannt, werden vom Staat
beaufsichtigt und mit erheblichen Finanzhilfen
unterstützt. So erhalten die Landeskirchen im tra-
ditionell reformierten Kanton Zürich staatliche
Beiträge für Leistungen, die für die ganze Gesell-
schaft von Bedeutung sind, namentlich in den
Bereichen «Bildung, Soziales und Kultur». Die Leis-
tungen des Staates im Kanton Zürich beruhen
ähnlich wie in Bern auf historischen Rechtstiteln,
die inzwischen nur noch übergangsrechtlich von
Bedeutung sind. Daneben sind die Kirchgemein-
den befugt, bei ihren Mitgliedern Steuern zu er-
heben; der Kanton behält aber die Oberaufsicht
über die «kirchlichen Körperschaften».
Im vorwiegend evangelisch-reformierten Kan-
ton Basel-Landschaft erhalten die anerkannten Kir-
chen einen jährlichen Grundbetrag und einen Be-
trag pro Mitglied. In der Verwendung dieser Gelder
sind die Landeskirchen relativ frei. Das Gesetz be-
sagt lediglich, dass die Landeskirchen «die ordent-
lichen Beiträge gemäss ihrer Ordnungen zur De-
ckung ihrer eigenen Bedürfnisse sowie derjenigen
ihrer Kirchgemeinden» verwenden sollen. Die Kirch-
In den Deutschschweizer Kantonen variiert
das Verhältnis zwischen Staat und Kirche
sehr stark. Sind diese in Bern eng miteinander
verflochten, haben die Landeskirchen
in Basel-Stadt oder auch St. Gallen eine
weitgehend autonome Stellung.
Kantonsgeist im Kirchenrecht
A U S B L I C K I N A N D E R E K A N T O N E D E R D E U T S C H S C H W E I Z
Dominierende Konfessionszugehörigkeit 2010 / Appartenance religieuse prédominante 2010
Ko-Dominanz / Co-dominance
römisch-katholisch und
evangelisch-reformiert /
catholiques romains
et protestants
römisch-katholisch und
ohne Konfession /
catholiques romains et
sans appartenance religieuse
Römisch-Katholiken /
Catholiques romains
Evangelisch-Reformierte /
Protestants
Ohne Konfession / Sans
appartenance religieuse
schwach / faible
mittel /moyenne
stark / forte
Dominanz / Prédominance
Quelle Grafik: BFS