ENSEMBLE Nr. 4 - Dezember 2015 - page 16

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Dossier —– ENSEMBLE 2015/4
Die OeME-Herbsttagung für einen gerechten
Zugang zu Wasser findet in der Kirchge-
meinde Johannes in Bern statt. Nicht nur
wegen Lage und Infrastruktur eine gute
Wahl, sondern auch vom Thema: Denn sie ist
eine der ersten «Blue Communities».
LOKAL
GLOBALES
BEWIRKEN
DAS BEISPIEL KIRCHGEMEINDE JOHANNES BERN
ACTION LOCALE POUR UN EFFET
GLOBAL
L’EXEMPLE DE LA PAROISSE SAINT-JEAN À BERNE
Von Karl Johannes Rechsteiner
Im Eingangsbereich des Kirchgemeindehauses im
Berner Breitenrain ist ständig etwas los: Da sitzen
tamilische Frauen in den Sesseln und warten auf
Kinder vom Nachhilfeunterricht. Ein Quartier­
bewohner studiert die Tageszeitung. Oder Jugend­
liche vom Theaterensemble sind an den Tischchen
in Diskussionen verwickelt: Sie spielen im Stück
«Draussen bei den Heiden» auf berührende Weise
Szenen zu Mission, Rassismus und Sklaverei. Mit-
tendrin, gut frequentiert, der Kaffeeautomat mit
fair-trade-zertifiziertem Angebot. Wer auf seinen
Becher wartet, erblickt eine Auszeichnung an der
Wand: Die evangelisch-reformierte Johannes-
Kirchgemeinde sei eine «Blue Community».
Spürbar wird das sofort, wenn jemand Wasser
statt Kaffee trinken will: Hier gibts keine Flaschen
mit Blöterliwasser, sondern fantastisches «Hahnen-
burger». Meist besser als bekannte Mineralwasser-
Marken, erklärt Pfarrer Jürg Liechti-Möri: «Wer lo-
kales, nicht abgefülltes und nicht transportiertes
Wasser trinkt, schont die Umwelt», stellt er fest: «Die
Bereitstellung von Leitungswasser benötigt tausend
Mal weniger Energie als jene von Mineralwasser.»
Beschwert hat sich bisher niemand. Das Zeichen
für nachhaltigen Umgang mit Wasser kommt gut
an. Jung und Alt leuchtet es sofort ein, weiss Jürg
Liechti.
Wasser als öffentliches Gut
In der Johanneskirche wird die Wasserfrage seit
2009 immer wieder thematisiert. Begegnungen
mit dem brasilianischen Wasserkämpfer Franklin
Frederick schärften das Bewusstsein und auch die
biblische Auseinandersetzung brachte neue Ge-
danken: «Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts
mangeln», heisst es im Psalm 23, und «... er führet
mich zum frischen Wasser.» Diese Verheissung hat
einen praktischen oder gar politischen Hinter-
grund. Sie spielt an auf Auseinandersetzungen
rund um Brunnen und proklamiert den Zugang
zu Wasser für alle. So ist die uralte Geschichte heu-
te hochbrisant, wenn zum Beispiel Grosskonzerne
Hilfswerke als extrem bezeichnen, die sich für das
öffentliche Recht auf Wasser einsetzen.
Blue Communities wie die Johannes-Kirchge-
meinde wollen Menschen anregen, in ihrem Um-
feld Leitungswasser zu trinken und sich um ver-
antwortungsvollen Umgang mit Trinkwasser zu
sorgen. Sie verpflichten sich zu vier Grundsätzen:
Anerkennung des Wassers als Menschenrecht;
Leitungswasser anstelle von Flaschenwasser trin-
ken; Wasserdienstleistungen bleiben in der öffent-
lichen Hand; Partnerschaften mit internationalen
Partnern pflegen.
Brunnen-Spaziergänge
Die Kirchgemeinde kam angeregt durch den Ein-
satz der Fachstelle OeME in Kontakt mit der Blue-
Community-Bewegung. Und über die OeME-Arbeit
ist es auch möglich, sich international und vor
allem in Entwicklungsländern für Wasser als Men-
schenrecht einzusetzen. Zuallererst jedoch ist die-
ses Engagement ein lokaler Einsatz fürs globale
Thema. So sind auch die Berner Brunnen-Spazier-
gänge der Johanneskirche entstanden,
Hierzulande sei der Zugang zum Trinkwasser
dermassen selbstverständlich, dass die Thematik
zuerst manchmal fremd wirke, stellt Jürg Liechti
fest. Doch eigentlich sei das Mitmachen als Blue
Community ganz einfach: «Allerdings muss der
Bewusstseinsprozess immer wieder neu gemacht
werden», sagt er und nimmt noch einen Schluck
Leitungswasser.
Für weitere Infos:
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