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Fokus —– ENSEMBLE 2016/8

Prof. Dr. phil. Nina Wyssen-Kaufmann der

Berner Fachhochschule Soziale Arbeit ist ein

Mitglied der Expertengruppe, welche die

Fragen des Visionsprozesses «Kirche 21»

analysiert. Sie erklärt nach welcher Methodik

die über 5000 eingegangenen Fragen

bearbeitet werden.

Interview von Adrian Hauser

Sie haben zusammen mit einem Expertenteam die

Aufgabe, die Fragen zu bündeln und zu verdichten.

Wie gehen Sie vor?

Wir sind Expertinnen und Experten aus ver-

schiedenen Fachgebieten und haben Erfahrungen

im Umgang mit unterschiedlichen Materialien.

Somit ist der Zugang schon mal geklärt: Wir gehen

interdisziplinär vor. Bei so vielen Fragen, die sich

auf so diversen Ebenen befinden, kamen wir auf

das Verfahren einer qualitativen Inhaltsanalyse

nach Mayring. Als halbstrukturierte Methode bie-

tet sie die Möglichkeit, den nötigen Abstraktions-

grad flexibel zu bestimmen.

Sie mussten also zuerst die Methodik definieren?

Ja, nachdem wir in einem ersten Durchgang

sämtliche Fragen gelesen hatten, waren wir uns

schnell einig, dass ein rein quantitatives Verfahren

problematisch wäre. Aber es geht hier um inhalt-

liche Aussagen. Ich finde es einen unglaublich

tollen Prozess, zuerst zu überlegen, welche Fragen

für den Visionsprozess gebraucht, und nicht, wel-

che Antworten angestrebt werden. Als Experten-

team überlegen wir mehrschichtig, wie wir ange-

sichts der Menge eine Bündelung finden.

Sie ordnen die Fragen also inhaltlich nach The-

men?

Wir sind auf einer Spur, die wir als sinnvoll

erachten, aber wir hinterfragen uns bewusst im-

mer wieder. Es geht darum, dass wir Kernthemen

«MAN SPÜRT

VIEL

ENGAGEMENT

»

VISIONSPROZESS KIRCHE 21

«ON SENT

UNE GRANDE MOBILISATION

»

ÉLABORATION DE LA VISION «ÉGLISE 21»

oder Schlüsselkategorien bilden, mit denen die

Gesprächssynode weiterarbeiten kann. Schon bei

den ersten vierzehn Fragen hätte man fünf The-

mengruppen definieren können. Wenn man me-

thodisch am Anfang so kleinschrittig vorangeht

und jede Frage nach ihrer Struktur untersucht,

gibt es irgendwann Wiederholungen. Es entstehen

mit der Zeit Gruppierungen, die sich immer mehr

verdichten.

Kann man bereits sagen, welche übergeordneten

Themen es gibt?

Noch nicht. Unsere Suchbewegungen gleichen

einer Entdeckungsreise. Wie an der letzten Sit-

zung, als wir an einem interessanten Punkt ange-

langt sind, indem wir diskutiert haben, ob jede

Frage eine gewisse Spannweite hat. So kann die

gleiche Frage zum Beispiel eine Aussen- (Image)

und eine Innenwirkung (Identität) für die Kirche

haben.

Hat man sich bei der Menge der Kategorien ein

Limit gesetzt, oder ist das völlig offen?

Das ist nicht völlig offen. Der Auftrag geht von

zehn bis vierzehn Kategorien aus. Man hat uns

aber nichts auferlegt, und das finde ich angemes-

sen. Es soll am Schluss eine sinnvolle Grösse sein,

an der verschiedene Leute arbeiten können.

Wie gross ist der Zeitaufwand für all diese Arbeit?

Es ist ein grosser Zeitaufwand, der sich auf je-

den Fall lohnt. Es braucht eine hohe Konzentra­

tion, um jede Frage wertzuschätzen und ihre Be-

deutung für den Visionsprozess zu erschliessen.

Es zieht einen auch rein. Man spürt viel Motivation

von den Leuten, teilweise auch ein Ringen um die

Zukunft der Kirche.

Das Thema beschäftigt die Leute.

Ja, den Fragen zufolge beschäftigt es die Leute

sehr – vom sorgenvollen Umtreiben bis zum leiden-

schaftlichen Engagement –, das findet man in den