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Dossier —– ENSEMBLE 2017/20
mit den kantonalen Behörden, den Kirchenbehör-
den und den betreffenden Institutionen angebo-
ten. Die Kirchen bieten aber auch Unterstützung
für Paare in schwierigen Situationen sowie für
deren Familien, die sie – unabhängig von der Kon-
fession – juristisch oder psychologisch beraten.
Diese Beratungsdienste unterstützen beispiels-
weise auch Menschen in Verschuldungssituatio-
nen. Die Strassenseelsorge ist für Menschen da,
die sich in einer wirtschaftlichen Notlage befin-
den oder Drogenprobleme haben. Die Kirchen
kümmern sich zudem um Personen mit einer Be-
hinderung, insbesondere um Personen mit einer
Hörbehinderung, denen sie Kurse in Gebärden-
sprache oder massgeschneiderte Aktivitäten an-
bieten.
Internationale Solidarität
Die soziale Rolle hört aber nicht bei den Landes-
grenzen auf. Die Kirchen unterstützen weltweit
Personen in Not, sei es durch ihr Engagement
in bestimmten Ländern oder im Rahmen der
internationalen Ökumene. Die OeME-Fachstelle
(Ökumene, Mission, Entwicklung) setzt die Be
ziehungen zu Kirchen, Hilfswerken, Missions
werken sowie verschiedenen Organisationen und
Bewegungen an verschiedenen Orten der Welt
konkret um. Dies etwa in Guatemala, Sri Lanka,
Israel, Palästina oder Ägypten. Die Aufgabe der
Kirchen ist es, den interreligiösen Dialog und die
ökumenischen Beziehungen aufrechtzuerhalten
und sich für mehr Gerechtigkeit in der Welt ein-
zusetzen. In unserem Land gehören die Kirchen
zu den letzten offiziellen Institutionen, die gegen
den Widerstand und die Ängste gegenüber Asyl
suchenden ankämpfen und sich für eine faire
sowie menschliche Migrations- und Flüchtlings-
politik einsetzen. «Jede Kirchgemeinde verfügt in
ihrem Budget über einen Posten zugunsten der
internationalen Solidarität, auch wenn die Beträ-
ge angesichts des Rückgangs der finanziellen
Mittel tendenziell kleiner werden», unterstreicht
Matthias Zeindler.
Unterstützung der Kultur
Die Kirchen haben aber auch eine kulturelle Rol-
le. Dies vor allem deshalb, weil die Kultur des
Abendlandes vom Christentum geprägt ist. Die
Kirchen sind Bewahrer dieser Traditionen, und
innerhalb ihrer Mauern ertönen oft Chorgesänge,
Orgelkonzerte oder andere liturgische Musikfor-
men. In Kirchen oder Kirchgemeindehäusern wer-
den Theaterstücke, Filme, literarische Lesungen,
Tanzaufführungen oder Ausstellungen durchge-
führt. Von den Fenstern der Räumlichkeiten der
Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn in Bern
sind Glockentürme von fünf verschiedenen Kir-
chen zu sehen. Die kirchlichen Gebäude prägen
das Bild und die visuelle Identität der Bundesstadt.
Die Kirchgemeinden seien für ihre Aktivitäten ge-
nau genommen nicht wirklich auf so viele Gebäu-
de angewiesen, bemerkt Matthias Zeindler. So
kostet etwa das Münster Millionen von Franken,
und die reformierten Kirchen könnten erhebliche
Einsparungen machen, wenn sie das Münster
abtreten würden. Allerdings wäre niemand mit
einem derartigen Vorschlag einverstanden. Der
Professor sieht darin ein Zeichen für die Verbun-
denheit der Bevölkerung mit dem kirchlichen
Erbe. Auf der anderen Seite unterstützen die Kir-
chen moderne Kunst und fördern architektonische
Innovationen.
Das Durchgangs-
zentrum in Riggis-
berg entstand
auch durch das
Engagement der
Kirchgemeinde:
Der Bundesrat
würdigte das
Projekt mit einem
Besuch.
Le centre de tran-
sit à Riggisberg
a également été
réalisé grâce
à l’engagement
de la paroisse:
Le Conseil fédéral
a loué ce projet et
lui a rendu visite.
©Keystone/PeterSchneider