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ENSEMBLE 2015/1 —– Dossier
Interview von Adrian Hauser
ENSEMBLE: Herr Zeller, in den Medien sprachen
Sie von einem Kirchen-Bashing der vergangenen
Jahre. Was genau haben Sie damit gemeint?
Andreas Zeller: Die reformierte Kirche und
auch die anderen Landeskirchen in Bern wurden
immer wieder attackiert und kritisiert, weil die
Pfarrbesoldungen durch den Staat ausgerichtet
werden. Wir wurden als unflexibel und als Gegner
von Veränderungen dargestellt. Immer wieder
wurde gesagt, dass der Kanton Bern der letzte sei,
der ein solches System aufrechterhalte. Dabei gab
es ein solch starkes System sonst nirgends. Es gab
andere nahe Verhältnisse in der Waadt und in Zü-
rich. Die Reformation hat aber nur in etwa sieben
oder acht Kantonen stattgefunden. Das heisst,
in zwei Dritteln der Schweizer Kantone gab es
gar keine Reformation. Deshalb wurde dort das
Kirchengut auch nie eingezogen, und deshalb hat
der Staat in diesen Kantonen auch nie die Pfarr-
besoldungen übernommen. Plötzlich kam eine
allgemeine Kirchenkritik auf gegen eine «sture»
Institution, die vom Staat privilegiert werde und
niemanden mehr wirklich interessiere. Es wurde
aber nicht gesagt, dass immerhin drei Viertel der
Berner Bevölkerung bei einer Landeskirche Mit-
glied sind.
Sie sagten auch, dass der Expertenbericht von
«Ecoplan/Ad!vocate» gewisse Lücken aufweise.
Welche sind das?
Wir haben in unseren Stellungnahmen ver-
schiedentlich darauf hingewiesen, dass beispiels-
weise die Leistungen der kirchlichen Bezirke, die
teilweise sehr gross sind, nicht dargestellt werden.
Der kirchliche Unterricht KUW wurde zudem nur
zur Hälfte angerechnet. Das sind die wichtigsten
Lücken.
Wo sehen Sie die Stärken des Berichts?
Eine Stärke des Berichts ist, dass etwa 94 oder
95 Prozent aller Kirchgemeinden, also eine sehr
hohe Zahl, auf die vorgängige Umfrage reagiert
und die detaillierten Fragen beantwortet haben.
Das ergab in der Summe ein realistisches Bild.
Dieses zeigt auf, dass die Leistungen der Landes-
kirchen im sozialen, diakonischen und kulturellen
Bereich sehr viel höher sind als die Kosten in Form
von Pfarrlöhnen. Dies durch einen hohen Anteil
an Freiwilligenarbeit. Damit wurde klar: Wenn
der Staat oder die politischen Gemeinden all die-
se Leistungen nur annähernd finanzieren müss-
ten, wäre es viel teurer.
Der Kanton Bern will die Geistlichen nicht mehr
selbst anstellen. Was halten Sie von den Plänen
des Kantons aus religiöser Sicht?
Aus ekklesiologischer Sicht ist es einleuchtend,
dass die Pfarrpersonen zur Kirche gehören und
nicht zum Staat. Aber ich muss zugeben, dass
ich bis vor zwei Jahren als Verfechter des jetzigen
Systems gegolten habe und mir nie etwas anderes
hätte vorstellen können. Als dann in den Medien
und im Grossen Rat die Kirche auf das reduziert
wurde, was die Pfarrlöhne kosten, musste etwas
geschehen. Wir müssen uns auf Veränderungen
einlassen, damit man wieder über den Wert der
Kirche spricht und nicht über den Preis.
«DIE BANDE WERDEN
LOCKERER
»
INTERVIEW
«LES LIENS
SE RELÂCHENT»
INTERVIEW
Synodalratspräsident Pfr. Dr. theol.
Andreas Zeller nimmt Stellung
zur geplanten Entflechtung von Kirche
und Staat. Er will der Pfarrschaft ein
guter Arbeitgeber sein und fordert
von der Regierung ein entsprechendes
Finanzierungsmodell.