ENSEMBLE Nr. 1 - August 2015 - page 13

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ENSEMBLE 2015/1 —– Dossier
Aber dieses Geld käme ja vom Staat …
Das fordern wir. Es gibt im Moment Parallelen
zu den psychiatrischen Kliniken, die mit Hunder-
ten oder Tausenden Mitarbeitenden ausgegliedert
werden sollen. Dort hat der Grossrat gerade kürz-
lich Kredite für den Aufbau eines Personalmanage-
ments bewilligt. An diesem Modell orientieren wir
uns.
Was ändert sich letztendlich für die Geistlichen,
wenn sie direkt bei der Kirche angestellt sind?
Der Staat fällt als Arbeitgeber weg und gewisse
staatliche Auflagen fallen weg. Wir würden uns
bemühen, die Pfarrschaften auf der heutigen Basis
zu übernehmen. Ich möchte nicht so viele Arbeit-
nehmende übernehmen und dann der schlechtere
Arbeitgeber sein als der vorherige. So gesehen,
ändert sich für die Pfarrschaft eigentlich nicht viel.
Ich war aber lange genug selbst ein bernischer
Pfarrer und habe Verständnis dafür, dass man auf
Pfarrerseite kritisch ist und man nicht weiss, was
kommen wird. Es ist immer so: Wenn man das
Neue nicht kennt, hängt man am Alten.
Was für eine Botschaft haben Sie an den Pfarr­
verein, beziehungsweise an die Pfarrer und Pfar-
rerinnen?
Wir würden uns freuen, zusammen mit den
Pfarrpersonen diesen Weg zu gehen. Wir werden
uns bemühen, ein gleich guter Arbeitgeber zu sein
wie der Kanton. Wir nehmen die Pfarrschaft ernst
und beziehen sie mit ein. Man muss der Pfarr-
schaft den richtigen Ort in der Kirche geben. Das
braucht Gespräche und es braucht Zeit. Aber von
uns aus ist sie willkommen, und der Synodalrat
sowie die Mitarbeitenden freuen sich auf die Pfarr-
schaft. Immerhin betreuen wir bereits 100 Mitar-
beitende in den gesamtkirchlichen Diensten. Wir
sind also nicht ganz unbefleckt, was das Arbeit-
gebersein anbelangt.
Die Synode Bern-Jura-Solothurn begrüsst eine
Totalrevision des Kirchengesetzes von 1945 grund-
sätzlich. Auch der Regierungsrat fordert eine
Totalrevision. Wie könnte eine solche Totalrevision
abgesehen vom Anstellungsverhältnis der Geist­
lichen aussehen?
Beispielsweise legt heute der Grossrat nicht
nur die Anzahl Pfarrstellen fest, sondern auch, wo
sich diese befinden. Neu soll die Kirche sagen kön-
nen, wo sie die Pfarrstellen etabliert. Die Zuwei-
sung der Pfarrstellen ist also ein Punkt. Weiter
definiert der Grossrat auch heute noch die Kirch-
gemeinden, also die Grenzen und Namen. Das ist
eigentlich ein Unding. Denn das wissen wir zu-
sammen mit der Synode besser. Hier ist in Zukunft
mit mehr Fusionierungen von kleinen Landge-
meinden zu rechnen. Das wurde bisher alles via
Grossrat beschlossen, doch solche Geschäfte soll-
ten zu uns kommen. Auch die ganze Frage nach
dem Verhältnis von Gemeindepfarrstellen zu
Spezialpfarrstellen in Kliniken, Heimen oder Ge-
fängnissen liegt zurzeit in der Politik bei der Kir-
chendirektion. Hier müssen wir die entsprechen-
den Kompetenzen erhalten. Es geht nicht darum,
dass wir als Kirchenleitung mehr Macht wollen.
Aber wir müssen im Kirchengesetz die nötige Kom­
petenz erhalten, um ab 2019 für 340 reformierte
Pfarrstellen, verteilt auf 500 Arbeitsverhältnisse
die Verantwortung wahrnehmen zu können.
Das würde ja auch auf eine stärkere Trennung
zwischen Kirche und Staat hinauslaufen.
Auf eine Entflechtung, ja. Aber der Staat möch-
te eine Oberaufsicht behalten. Die Universität und
das ganze Ausbildungswesen werden überhaupt
nicht angetastet. In diesem Bereich will der Staat
weiterhin Vorgaben machen. Wenn wir dann Leis-
tungsverträge für die allgemeinen gesamtgesell-
schaftlichen Aufgaben haben, müssen wir alle
sechs Jahre Rechenschaft ablegen, also ein Cont-
rolling ausüben. Dazu braucht es ja dann trotzdem
eine Kontaktperson. Das heisst, die Bande werden
lockerer, aber nicht gekappt.
Der Staat will also eine Entflechtung, aber er will
trotzdem bestimmen …
Ja, oder wenigstens mitbestimmen und die
Aufsicht behalten. Ich denke, dies ist im Moment
das Realistischste.
«Wir würden uns
freuen, zusammen mit
den Pfarrpersonen
diesen Weg zu gehen.
Wir werden uns
bemühen, ein gleich
guter Arbeitgeber
zu sein wie der Kanton.»
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