Pilgern reformiert
Wallfahren oder pilgern?
Unter einer Wallfahrt wird eine organisierte Reise mit liturgischen Wegstationen zu einem religiösen Zielort verstanden. Dies kann ein Heiligengrab sein (z.B. Santiago de Compostela), ein Ort einer besonderen Gotteserscheinung (z.B. Lourdes) oder eine Stätte, die aus anderen Gründen besondere Verehrung geniesst und von der man sich bestimmte (übernatürliche) Wirkungen erhofft. Wallfahrten können den Charakter von Pauschalreisen per Bus oder Flugzeug haben. Wallfahrten kennen die meisten nichtchristlichen Religionen ebenfalls. Pflicht jedes frommen Muslims ist es, mindestens einmal im Leben nach Mekka zu reisen und die heilige Kaaba zu umrunden. In biblischen Zeiten pilgerten Juden wenn möglich zum Tempel nach Jerusalem. Hindus wallfahren nach Benares am Ganges.
Pilger sind in der Regel ungebundener unterwegs. Sie suchen die Begegnung mit andern, mit sich selbst, mit der Natur oder Gott nicht am Ziel der Reise, sondern unterwegs auf dem Weg. Die Abwesenheit der Alltagshektik, das regelmässige Gehen, der Wechsel von Ruhe und Begegnung helfen dabei.
Pilgern aus reformierter Sicht
Pilgern war im Mittelalter eine Form des Sühnewanderns und des Ablasses. Martin Luther positionierte sich klar gegen den Ablasshandel. Er entdeckte: Rechtfertigung geschieht allein aus Gnade. Christus steht mit uns in freier Beziehung und kann nicht durch Leistung zu etwas bewegt werden. Für Reformierte ist es darum zentral, eine freundschaftliche Beziehung zu Gott zu gestalten.
Heute hat sich das Pilgern auch in der katholischen Tradition weitgehend vom Ablassgedanken gelöst. Im Sinne einer spirituell offenen Lebenswegsuche hat das Pilgern auch in den reformierten Kirchen Eingang gefunden. Es wird in der Erwachsenenarbeit, mit Jugendlichen im kirchlichen Unterricht erlebt oder von Wandergruppen im Seniorenalter praktiziert.
Die Reformierte Kirche Bern-Jura-Solothurn beschreibt in "Reformierte Zugänge zum Pilgern" ein modernes Verständnis des Pilgerns.