Wort auf den Weg
Wer sucht wen?
Die Frage nach Gott stellt sich dem Menschen – ausserhalb jeglicher Offenbarung – zwingend, sobald er nach dem Sinn und dem Ursprung des Lebens zu fragen beginnt. Alle Menschen werden mit dieser existenziellen Frage konfrontiert, auf die es keine abschliessende Antwort geben kann. Gerade dann, wenn der Mensch wahrnimmt, wie wenig er weiss und wie unbedeutend er ist, entdeckt er die Leerstelle, die ihn – wie das beim Philosophen Pascal der Fall war – in die Lage versetzt, die göttliche Offenbarung zu empfangen.
Wenn man sich eingesteht, dass Gott existiert, stellt sich unweigerlich die Frage nach dem Zugang zu Gott: Wie kann man mit ihm zusammenkommen? Ihn kennenlernen? Seinem Willen entsprechen?
In der biblischen Tradition ist es zweifellos so, dass es immer Gott ist, der den ersten Schritt macht: Sowohl bei Abraham und Moses als auch bei den Propheten und dann den Jüngern Jesu ist es immer Gott, der die Initiative für ein Zusammentreffen ergreift. Er gibt sich allerdings nie als der zu erkennen, der er ist. Er tritt auf in der Gestalt von Engeln, Träumen, einem brennenden Busch, oder im Neuen Testament gibt er sich in der Person von Jesus von Nazareth zu erkennen, und er zeigt sich nie ganz, sondern immer nur teilweise. Die Erkenntnis Gottes ist also nie unmittelbar und nie vollständig. Sie muss ständig (neu) interpretiert werden. Damit eröffnet sich dem Gläubigen ein Suchraum. In diesem Suchraum sollte er nie vergessen, dass seine spirituellen Entdeckungen unvollkommen und subjektiv sind.
Die Fastenzeit rückt rasch näher. Es ist die Zeit, in der man sich vorbereitet auf das Zusammentreffen mit Jenem, der schon zu uns gekommen ist und immer wieder zu uns kommt, um dem Chaos in der Welt und in unseren Leben einen Sinn zu geben: mittels der Liebe, die wir teilen.
Philippe Kneubühler
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