Ja zu schnellen, fairen und rechtsstaatlich korrekten Asylverfahren

Standpunkt des Synodalrates (2016)

Zur Abstimmung «Änderung des Asylgesetzes (AsylG): Gesetz für beschleunigte Asylverfahren» vom 5. Juni 2016

Am 5. Juni 2016 stimmt das Schweizer Volk erneut über das Asylgesetz ab. Die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn stellen sich gegen das Referendum und sagen Ja zur Änderung des Asylgesetzes. Nur mit einem effektiven Rechtsschutz kann das Grundanliegen des Asylverfahrens – Schutzbedürftige zu identifizieren und ihnen den notwendigen Schutz zu gewähren - erreicht werden.

Weltweit sind über 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Sie fliehen aus Ländern wie Syrien, Irak, Afghanistan, Eritrea oder Somalia vor Krieg, Konflikten und Verfolgung. Nur die wenigsten schaffen es nach Europa. In der Schweiz angekommen, sind die Schutzsuchen-den im Asylverfahren grundsätzlich auf sich alleine gestellt. Sie müssen den Nachweis erbringen oder zumindest glaubhaft machen, dass sie im Herkunftsstaat wegen ihrer politischen, religiösen Anschauung oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind. Mit der Teilrevision des Asylgesetzes wird der Asylbereich neu strukturiert und die Verfahren beschleunigt. Zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit im beschleunigten Verfahren mit kürzeren Beschwerdefristen sind unabhängige Verfahrensberatung und unentgeltliche Rechtsvertretung vorgesehen.

Dass Asylsuchende zum Teil jahrelang auf ihren Entscheid warten müssen, ist nicht menschenwürdig. Der Synodalrat begrüsst deshalb die Neustrukturierung, die zu schnelleren Asylverfahren führt. Damit das Verfahren fair und rechtsstaatlich korrekt abläuft, ist eine unabhängige Beratung und unentgeltliche Rechtsvertretung jedoch zwingend nötig.

Für Asylsuchende ist es schwierig, sich in einer fremden Sprache und ohne Kenntnisse des Rechtssystems zurechtzufinden und sich selber zu vertreten. Das Asylverfahren ist kompliziert, und es gibt viele sehr kurze Fristen. Eine Begleitung und Vertretung durch spezialisierte Juristen von den ersten Befragungen des Verfahrens an ist dringend. Zudem helfen sachliche Informationen durch unabhängige Juristen, dass die Asylsuchenden einen negativen Entscheid eher verstehen und akzeptieren.

Das Schweizer Asylsystem kennt mit dem Bundesverwaltungsgericht nur eine einzige Beschwerdeinstanz. Diese muss entgegen der sonst üblichen Praxis im Schweizer Recht ohne mündliche Verhandlung oder Anhörung der betroffenen Person entscheiden. Und dies in einem Verfahren, bei welchem über den Schutz von Leib und Leben entschieden wird. Es ist deshalb wichtig, dass die Beschwerde durch rechtskundige Personen verfasst wird.

Schweizerinnen und Schweizern steht unentgeltlicher Rechtsschutz zu, der sich aus der Bundesverfassung (Art. 29 Abs. 3 BV) ableitet. Jede bedürftige Person hat für nicht aussichtslose Prozesse Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege. Der unentgeltliche Rechts-beistand setzt zusätzlich voraus, dass die betroffene Person sich selber nicht effektiv vertreten kann. Die Einführung der unabhängigen Rechtsvertretung im Asylverfahren konkretisiert diesen Anspruch nun endlich auch für Asylsuchende. Sie werden nicht besser gestellt als Einheimische, die ja ohnehin nie in die Lage kommen, ein Asylverfahren durchlaufen zu müssen. Rechtskundige können auch besser einschätzen, ob eine Beschwerde Aussicht auf Erfolg hat oder nicht.

Der Synodalrat begrüsst deshalb die unabhängige Verfahrensberatung und unentgeltliche Rechtsvertretung für Asylsuchende. Diese Massnahmen tragen dazu bei, Asylsuchende als Menschen mit Würde wahrzunehmen. Geben wir ihnen die Chance, ihre Flüchtlingseigenschaft glaubhaft zu machen. Nur mit einem guten Rechtsschutz gelingt es, Schutzbedürftige zu identifizieren und ihnen dadurch den notwendigen Schutz in der Schweiz zu gewähren.

Referentin des Synodalrates: Pia Grossholz-Fahrni


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