Wort auf den Weg
wo chiemte mer hi?
wo chiemte mer hi
wenn alli seite
wo chiemte mer hi
und niemer giengti
für einisch z’luege
wohi dass me chiem
we me gieng
Kurt Marti
Je nach Tonart kommen uns diese Zeilen von Kurt Marti ganz unterschiedlich entgegen. Mit den Worten «Wo kämen wir hin» lassen sich Wünsche und Anliegen aller Art abschmettern, eine Begründung wird meist sofort hinfällig. Dem Gegenüber wird auferlegt, sich doch bitte selbst auszumalen, wo wir hinkämen, würden wir allen Wünschen oder Vorschlägen folgen. Der entrüstete Unterton, mit dem die vier Wörter meist versehen werden, schafft Klarheit darüber, dass es auf jeden Fall zu einem unerwünschten Ergebnis führen würde. Eigenartig eigentlich, dass offen bleibt, welcher Art das Ergebnis wäre. Und man darf wohl vermuten, dass der Sprecher selbst auch keine Vorstellung davon hat, ja, nicht einmal die Lust verspürt, sich darüber Gedanken zu machen. Wo kämen wir hin, würden wir über jeden Vorschlag nachdenken, der von der gewohnten Denk- und Handlungsweise abweicht?
Die schrecklichen Ereignisse der letzten Tage und Monate machen uns alle sehr betroffen. Der berndeutsche Ausdruck, «es wird mer gschmuecht», drückt für mich die Beklemmung in treffender Weise aus. Wenden wir uns den Worten «wo kämen wir hin?» in anderer Tonart zu und lassen sie nachklingen, werden sie in beeindruckender Weise aktuell. Wo kämen wir hin, wenn sich doch etwas ändern würde? Wo kämen wir hin, wenn die vertrauten Muster durchbrochen würden? Was, wenn wir es trotz allen Widerständen versuchen würden?
Plötzlich wird klar, dass es keine ganz vorhersehbaren Wege gibt. Hoffen wir darauf, dass es gelingen möge, alle Möglichkeiten zur Förderung eines friedlichen Zusammenlebens auszuschöpfen. Der Weg entsteht, Schritt für Schritt beim Gehen. Mit Gottes Hilfe.
Renate Grunder
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