Diese Worte aus dem Propheten Jesaja kenne ich seit Langem. Zuerst habe ich sie als Text eines Kanons kennengelernt, den ich gerne singe. Die Worte haben mich aber auch gestresst. Ich habe sie verstanden als Aufforderung: Mache dich auf! Werde aktiv! Bring mit deinem Reden und Handeln Licht in diese Welt! Eine Aufforderung zum Aktivismus… Ich habe gemerkt, dass mich diese Aufforderung überfordert.

Als ich den Text in der Bibel gelesen habe, habe ich gestutzt. Es heisst dort: «Mache dich auf und werde licht…» und nicht, wie ich immer gedacht habe: «Mache dich auf und werde Licht…» Mit anderen Worten: es steht dort nicht das Substantiv «Licht», sondern das Adjektiv «licht». Dieses Adjektiv wird nur selten gebraucht. Wir kennen es im Ausdruck «ein lichter Wald». Es bedeutet: «offen werden, offen sein, durchlässig werden…»

Mit diesen Gedanken bekommt der Text eine andere Bedeutung. Nicht ich muss Licht sein und mein Licht in die Welt hinaustragen. Nein, mein Licht kommt! Das heisst: Mache dich auf und bereite dich vor! Werde offen für das göttliche Licht, das dir entgegenkommt! Das ist Advent: eine Zeit der inneren und äusseren Vorbereitung auf die Ankunft Gottes in dieser Welt.

Diese Aufforderung von Jesaja lädt mich ein, offen zu werden für das göttliche Licht, das in die Dunkelheiten der Welt und die Dunkelheiten jedes einzelnen Menschen hineinleuchtet. Sein Licht macht hell und gibt Orientierung. Es gibt uns auch die Kraft und den Mut, uns aufzumachen, um durch unser Reden und Handeln Zeuginnen und Zeugen von Gottes Liebe für seine Welt zu sein.

Ich wünsche Ihnen weiterhin «lichte» Adventstage und schon bald ein frohes Weihnachtsfest!

Ueli Burkhalter